Anselm Bilgri spricht im voll besetzten Fürstensaal
Es ist die zweite öffentliche Veranstaltung zum 20jährigen Jubiläum der Hospizgruppe Donau-Ries. War die erste in der Nördlinger Schranne mit „Poesie & Musik“ umschrieben, so hatte sich die Gruppe um ihren Vorsitzenden Hans Breithaupt für das Thema „Rückbesinnung und Kraftquelle“ einen überaus prominenten Referenten eingeladen: den ehemaligen Benediktinermönch und Prior des Klosters Andechs, Anselm Bilgri. Dieser hat nach seinem Ausscheiden aus Kloster und Benediktinerorden ein eigenes Beratungsunternehmen gegründet. Mit seiner „Akademie der Muße“ hat sich der „Gratwanderer zwischen Kirche und Welt“ zum Ziel gesetzt, Menschen bei der Entschleunigung zu unterstützen, will heißen, sie anzuleiten, wieder mehr den Augenblick zu erleben und die Kunst der Muße wieder neu zu entdecken. Viele Zuhörer bescherten den Veranstaltern einen vollen Saal und auch Landrat Stefan Rössle ließ es sich nicht nehmen, ein Grußwort an die Hospizgruppe zu richten, eine Spende von 1000 Euro des Landkreises zu übergeben und Anselm Bilgri persönlich zu begrüßen, mit dem er schon einmal zusammen getroffen war. Vor Jahren waren beide in einer Arbeitsgruppe, um unter dem damaligen Ministerpräsidenten Seehofer eine Art „Benimmregelwerk für Politiker“ zu formulieren. Freilich sorgte die Bemerkung dazu, dass dieses Werk den Umgang von Politikern mit sich und den Menschen verbessern sollte, für zweifelnde Lacher im Publikum. Die Grundlage für diese Politiker-Bibel seien allerdings die Regeln des heiligen Benedikt gewesen, führte danach Anselm Bilgri aus – und obwohl sie um das Jahr 600 nach Christus entstanden seien, „sind sie aktueller denn je.“ Auf diese Regeln berief er sich während seiner klugen Ausführungen immer wieder und legte den Besuchern ans Herz, auf sich selbst zu schauen und sich nicht in der heutigen „Multi-Options-Gesellschaft“ zu unterwerfen. „Sind wir Herren über die Technik oder beherrscht die Technik uns?“ fragte er und sprach auch von der Qual der Wahl, die uns jeden Tag tausende von Entscheidungen abverlange. Was zur Folge habe, dass wir aus einer Riesenauswahl an Möglichkeiten ja nur eine wählen (können) und somit fast folgerichtig immer wieder den Verlust (aller anderen Möglichkeiten) sehen und nicht mehr den Gewinn schätzen. Gerne bezog er sich auf eine nicht so bekannte Benediktinerregel „hic et nunc“ (hier und jetzt) erklärte damit sehr anschaulich, was uns diese Regel auch für unser heutiges Dasein bringen kann. Die notwendige Erdung der Menschen liegt ihm am Herzen, den Begriff „Zukunft braucht Herkunft“ verquickte er mit dem Engagement der Hospizgruppe und er ermahnte die Zuhörer auch, die Möglichkeit für das eigene Leben zu nutzen und so die eigene Ewigkeit zu gestalten. Das Glück der verlorenen Stunden, ein Zitat des österreichischen Schriftstellers Peter Altenberg, legte Anselm Bilgri den Zuhörern nahe, weil diese Stunden reinen Nichtstuns kein Verlust, sondern ein großer Gewinn seien. Und vor allem für die Gesundheit der heutigen High-Speed-Menschen von nicht zu unterschätzendem Wert. Der Hospizgruppe Donau-Ries ist mit diesem Vortrag eine tolle Veranstaltung gelungen, die bei den Zuhörern noch lange nachhallen wird.